Praktikumsplätze für BSc-Studierende
in den Gesundheitsberufen

Vorschläge für die Verbesserung des Angebots an Praktikumsplätzen der BSc-Studiengänge im Bereich Gesundheit

Für die Fachkonferenz Gesundheit (FKG-CSS) haben folgende Personen an diesem Dokument gearbeitet:

  • Thomas Bucher, ZHAW
  • Eva Cignacco-Müller, BFH
  • Therese Damke, BFH
  • Andreas Gerber-Grote, ZHAW
  • Petra Graf Heule, ZHAW
  • Maren Kneisner, ZHAW
  • Barbara Laube, ZHAW
  • Nicole Markwalder, ZHAW
  • Laurence Robatto, HES-SO
  • Mona Schwager, ZHAW
  • Kathrin Tritten, BFH

16. Januar 2023

1. Ziel: Ausreichende Zahl an Praktikumsplätzen für BSc-Studierende in den Fachhochschul-Gesundheitsberufen

Anlass für dieses Dokument

Eine Delegation der Berufskonferenz der Hebammen der Fachkonferenz Gesundheit (FKG-CSS) hat sich im Frühjahr 2022 mit Vertreter:innen der Gesundheitsdirektor:innen-Konferenz GDK getroffen (Annette Grünig und Michael Jordi), um über die aktuelle Notlage bei den Praktikumsplätzen zu berichten. Daraus folgte die Anregung, dieses Thema für alle Gesundheitsberufe auf Ebene FKG-CSS zu diskutieren.


Am 5.7.2022 fand ein Gespräch statt, an dem die Ko-Präsident:innen der FKG-CSS, Andreas Gerber-Grote und Laurence Robatto, zusammen mit Vertreter:innen von GDK, Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Schweizerischem Roten Kreuz (SRK) teilgenommen haben. Die GDK wurde über die Situation in allen Gesundheitsberufen informiert und hat Bereitschaft signalisiert zu unterstützen, wenn die FKG-CSS konkrete Vorschläge liefert.


Mit dem vorliegenden Papier legt die FKG-CSS nun eine Übersicht über konkrete Vorschläge vor, welche Massnahmen auf welcher Ebene (Bund, Kantone), in welchen Bereichen (Finanzen, Recht usw.) und über welchen Zeitraum zu planen sind. Zudem hat die GDK angeregt zusammenzustellen, welche Praktikumsanteile unverzichtbar sind, um besser explorieren zu können, wo es ggf. Abweichungen in Länge oder Art der Praktika geben könnte. Es gilt jedoch, Vorgaben für die Akkreditierung sowie internationale Standards zu berücksichtigen (z.B. EU-Vorgaben für die Anzahl geleiteter Geburten bei der Hebammenausbildung, Richtlinien internationaler Berufsverbände etc.).

Ausgangslage

Die Schweiz hat ein sehr gut entwickeltes Gesundheits- und Bildungssystem. Um die gesundheitliche Versorgungssicherheit zu gewährleisten, verlässt sich die Schweiz seit Jahren auf die Zuwanderung von gut ausgebildeten Fachpersonen aus dem Ausland. Derzeit zeigt sich, dass diese Zuwanderung nachlässt. Aus ethischen Erwägungen und Gründen der Nachhaltigkeit sowie zur Vermeidung von hoher Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften ist es angezeigt, dass die Schweiz den Bedarf an Fachpersonal im Gesundheitswesen selbstständig decken kann.

Seit der Akademisierung der Gesundheitsberufe Ergotherapie, Ernährung und Diätetik, Hebammen, Physiotherapie, Optometrie, Osteopathie und Pflege sowie der Medizinisch-technischen Radiologie in der Romandie haben sich die BSc-Studiengänge an den Fachhochschulen gut etabliert. Die Absolvent:innen werden vom Markt absorbiert; einige Fachhochschulen erhöhten ihre Studierendenzahlen oder starteten mit neuen Studiengängen (FH OST Physiotherapie seit 2021 oder HES-SO Arc Physiotherapie mit geplantem Start zum Studienjahr 2023-24). Dieser Aufbau stösst derzeit jedoch an Kapazitätsgrenzen, da Praktikumsplätze fehlen.

Dem Mangel an Praktikumsplätzen muss auf verschiedenen Ebenen durch konkrete Massnahmen begegnet werden. Dieses Dokument schlägt konkrete Massnahmen vor zuhanden der GDK und weiterer Gremien auf nationaler und kantonaler Ebene.
Diesen konkreten

Diesen konkreten Vorschlägen stellen wir einige grundlegende Überlegungen voran:

1) Die Gesundheitsversorgung muss für die ganze Schweiz gesichert werden. Insofern sind alle Kantone betroffen, auch diejenigen ohne Fachhochschule. Koordinierte und konsentierte Lösungen sind anzustreben, zumal die einzelnen Fachhochschulen für die Praktika mit mehreren Kantonen kooperieren1. Nur so können die Praktikumsver-antwortlichen an den Fachhochschulen gewährleisten, dass die Praktikant:innen in un-terschiedlichen Regionen und Settings verteilt werden und eine gleichwertige Betreu-ung in den Praktika erhalten.

2) Für die Akkreditierung der Studiengänge an den Fachhochschulen wäre eine Harmo-nisierung sinnvoll, damit das Zusammenspiel von Theorie und Praxis gut funktioniert, das fundamental für die Studiengänge ist.

3) Die Passung der erworbenen Kompetenzen auf die Anforderungen der Arbeitswelt ist durch die bestehenden Praktikumsmodelle optimal gegeben. Eine Kürzung oder Sub-stitution durch Simulationen hätte unmittelbare Auswirkungen auf den Fachkräfteman-gel: Die Absolvent:innen würden möglicherweise nicht mehr alle Kompetenzen erwer-ben, wenn Praktika gekürzt oder durch Simulationen ersetzt würden. Zudem stünden bspw. europäische Anerkennungen auf dem Spiel, z.B. bei den Hebammen, für welche die EU die Leitung von 40 Geburten im Laufe der Hebammen-Ausbildung erfordert, oder auch in der Pflege, wo es besonders in der Romandie an Praktikumsplätzen man-gelt.

4) Eine Harmonisierung der Anforderungen für die Praxisausbildenden von FH-Studie-renden ist wünschenswert, da laut GesBG gleichartige Abschlusskompetenzen in der ganzen Schweiz erreicht werden müssen.

Dieses Dokument widmet sich folgender Frage:
Was ist zu unternehmen, damit für die Studierenden in den BSc-Studiengängen der Gesundheitsberufe an den Fachhochschulen ausreichend Praktikumsplätze zur Verfügung stehen?
Die Lösungsvorschläge werden im Folgenden nach Bereichen gegliedert.

2. Rechtliche Anpassungen

Die FKG-CSS hat die Publikation «Umsetzung Pflegeinitiative: Bestandesaufnahme Recht-setzung Kantone» (221012_Schlussbericht_Umsetzung_Pflegeinitiative_Kantone_BAG.pdf) zur Kenntnis genommen.
Aus unserer Sicht gibt dieser Bericht einen Überblick. Er zeigt auf, dass die Ausbildungsverpflichtungen und die Kriterien zur Finanzierung der Auszubildenden wie auch der Ausbildner:innen sehr heterogen sind und damit keine valide Basis für alle Studiengänge im Bereich Gesundheit geben. Hier besteht Handlungsbedarf, möglichst gleiche Bedingungen (Ausbildungsverpflichtung und entsprechende Entlöhnungen der Ausbildner:innen) zu schaffen. Soweit wir wissen, will sich auch das BAG in dieser Hinsicht engagieren, dass sich die Kantone an den Standards dieses Berichts orientieren.

3. Finanzielle Regelungen

3.1 Begriffe

Im Rahmen der finanziellen Regelung sind vier Stellschrauben zu unterscheiden.
Ausbildungsentschädigung: Dies sind Ausgaben der Betriebe für die Ausbildungsleistung (Ausbildungsfunktion), resp. es ist der Produktivitätsausfall von Praxisausbildenden für Leistungen an Patient:innen.
Ausbildungsverpflichtung: Die meisten Kantone verpflichten Gesundheitsinstitutionen (Akutspitäler) mit öffentlichem Leistungsauftrag zur praktischen Ausbildung und „bestrafen“ sie finanziell, wenn die erwartete Ausbildungsleistung nicht erbracht wird.
Entlöhnung der Studierenden: Damit ist der Lohn gemeint, welchen Studierende für ihre Arbeit von den Betrieben erhalten. Dies sind Ausgaben der Betriebe.
Funktionsbezogene Zusatzentschädigung für Praxisausbildende: Je nach Betrieb erhalten Praxisausbildende eine Funktionszulage. Dies sind Ausgaben der Betriebe.
Leistungsvergütung von Studierendenleistung an Patient:innen: Damit ist die Leistungsvergütung der Arbeit an Patient:innen gemeint, welche durch Studierende erbracht wird. D.h. es sind Einnahmen der Betriebe für die Arbeit der Studierenden an Patient:innen.

3.2 Ausbildungsentschädigung/ Ausbildungsverpflichtung

Kontext
Im stationären Bereich von Akutspitälern fliessen 1% der DRG an die Spitäler zurück und gehen in einen «allgemeinen Finanztopf» der Spitäler. Die Berechnungsgrundlage ist 300.-CHF/Woche/ Studierende und wurde durch H+ vorgegeben. Dies hat sich schweizweit bewährt.

Die Gelder sind an die Ausbildungsverpflichtung der Spitäler gekoppelt. Es gibt jedoch keine Kontingente für die einzelnen Berufe, d.h. ob die Spitäler Pflegefachkräfte oder Hebammen ausbilden, ist nicht geregelt. Dies führt teilweise zu einer Bevorzugung von Pflegepraktikant:innen gegenüber Hebammen oder anderen Berufen.

Im ambulanten Bereich, in den Rehakliniken, in den psychiatrischen Kliniken sowie in der Langzeitpflege oder in der Spitex ist die Situation sehr heterogen. So haben einige Kantone die Ausbildungsverpflichtung auf Institutionen der Langzeitpflege oder die Spitex ausgedehnt.

Beispiele guter Praxis
Für Hebammen bestehen bspw. in den Kantonen Thurgau und St. Gallen Finanzierungsmodelle, die den frei praktizierenden Hebammen in der Rolle als Ausbildner:innen eine Ausbildungsentschädigung und den Studierenden eine Entlöhnung bezahlen. Im Kanton ZH wurde im Frühsommer 2022 ein Vorstoss eingereicht, um ein solches Modell umzusetzen.

Auch im Kanton Bern erhalten die Betriebe von der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion die Ausbildungsentschädigung; allerdings besteht dort die Einschränkung, dass die Entschädigung nur entrichtet wird, wenn der Praktikumsort und der Bildungsanbieter im Kanton Bern sind. Ausnahme sind Ergotherapie-Plätze, da dieses Studium in der Deutschschweiz nur an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW angeboten wird. Praktikumsbetriebe im Kanton Bern erhalten ebenfalls für ihre praktische Ausbildungsleistung in Ergotherapie eine Entschädigung.

Im Kantonsrat des Kantons Zürich wurde eine überparteiliche Motion eingebracht: »Der Regierungsrat wird aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen für die Abgeltung der ungedeckten Kosten für die Praxisausbildung der nicht-universitären Gesundheitsberufe in Spitälern, Institutionen der Langzeitpflege, Spitex und ambulanten Praxen zu schaffen. Dies gilt für die Praxisausbildung aller geregelten und anerkannten Stufen (EBA, EFZ, FH, HF).» Pia Ackermann (SP, Zürich), Mark Wisskirchen (EVP, Kloten), Wilma Willi (Grüne, Stadel), Nicole Wyss (AL, Zürich), Claudia Hollenstein (GLP, Stäfa). Im Moment ist die Motion nicht bearbeitet, da sie als «nicht dringlich» eingestuft wurde.

La suisse romande a instauré en 2005 un dispositif de formation pratique financé par les Cantons constitutifs de la HES-SO. Il permet la rémunération des prestations d’encadrement des praticiens formateurs et finance leur formation. Ce dispositif favorise la mobilité intercantonale et a constitué un levier important pour la croissance des effectifs estudiantins dans les professions de santé. Il devra évoluer et intégrer d’autres mesures car son effet de levier n’est plus suffisant actuellement.

Les étudiants en formation (quelle que soit leur filière d’étude) reçoivent une allocation de formation de CHF 300.- pendant 12 mois et pendant les trois années de formation Bachelor. Il s’agit d’une indemnité relative à leur activité lors des stages.

Lösungsvorschläge
Um eine möglichst optimale Auslastung der Praktikumsbetriebe zu gewährleisten und Leerlauf möglichst zu vermeiden, ist eine kantonale Harmonisierung der Ausbildungsentschädigung anzustreben. Die Ausbildungsverpflichtung ist in allen Kantonen ausnahmslos einzuführen, damit genügend Fachkräfte ausgebildet werden und die Studierenden in allen Regionen der Schweiz ausgebildet werden können. Es ist in der Verantwortung jedes Kantons, für den Fachkräftenachwuchs zielführende und nachhaltige Rahmenbedingungen zu schaffen. Es hat sich gezeigt, dass frisch Diplomierte ihre erste Stelle oft an einem ehemaligen Praktikumsort antreten.

Festlegung von Kontingenten pro Gesundheitsberuf: Die Anzahl der Ausbildungsplätze für die verschiedenen Professionen ist in der Ausbildungsverpflichtung zu spezifizieren, damit es genügend Fachkräfte in allen Professionen gibt.
Vergabe von Labels: Fachhochschulen vergeben Ausbildungslabels für Praktikumsinstitutionen ähnlich einem Label «Akademisches Lehrkrankenhaus».
Aufbau von Kooperationen der Praxisbetriebe: Die Praxis-Institutionen können Kooperationen bilden, um bestimmte Ausbildungsangebote zu bündeln und Ressourcen zu sparen (z.B. im Rahmen des Transfercoachings, analog Bereich HF Pflege im Lernbereich Training&Transfer (LTT), einem Angebot, bei dem sich verschiedene Spitäler zusammentun, um einen Teil der Ausbildung zwischen Theorie und Praxis für die HF-Auszubildenden an einem Ort umzusetzen, wo sie mit Simulationspatient:innen auf reale Situationen vorbereitet werden).
Die Ausbildungsentschädigung muss zwingend für sämtliche Versorgungsbereiche gegeben sein – auch für Rehabilitationskliniken, Langzeitbereiche und die ambulante Versorgung. Allerdings warnen wir dezidiert davor, die Bussen für das Nicht-Einhalten der Ausbildungsverpflichtung auf den gesamten ambulanten Sektor auszuweiten. So sind die Leistungserbringer:innen aller Gesundheitsberufe im ambulanten Bereich aufgrund der tiefen Tarifierung bereits in einer sehr angespannten finanziellen Situation. Zudem entsprechen Kleinbetriebe mit weniger als 300-400 Stellenprozenten für diplomiertes Personal nicht den Anforderungen der Fachhochschulen für die Ausbildung von Studierenden. Die Begleitung, Supervision und Überwachung der Handlungen von Studierenden könnte nur ungenügend gewährleistet werden (Patient:innensicherheit).
Eine kantonale Vereinheitlichung der Ausbildungsentschädigungen sollte angestrebt werden, damit sämtliche Vakanzen von Praktikumsplätzen belegt werden können. Diese Ausbildungsentschädigung soll zukünftig unabhängig vom Kanton des Bildungsanbieters bezahlt werden (betrifft v.a. die Kantone Bern und Wallis).

3.3 Zusatzentschädigung Praxisausbildende

Kontext
Je nach Betrieb erhalten Praxisausbildende eine Zusatzentschädigung. Dies hat, resp. hätte für alle Praxisausbildenden eine wichtige Bedeutung. Die Praxisausbildenden tragen eine hohe Verantwortung und sind nebst der Ausbildung auch verantwortlich, dass Studierende Leistungen für Patient:innen nach den WZW-Kriterien erbringen und die Patient:innensicherheit jederzeit gewährleistet ist.

Beispiele guter Praxis
Die Spitex Zürich kennt ein spezifisches Finanzierungsmodell, das auch in anderen Berufen/Bereichen angewendet werden könnte. Das Modell zeichnet sich u.a. durch folgende Elemente aus; die Details haben wir durch einen telefonischen Austausch mit der Spitex Zürich im September 2022 erhalten:
• Die Ausbildung der Pflegenden wird teilweise von der Stadt Zürich subventioniert.
• Die Spitex Zürich hat eine Ausbildungsverpflichtung und muss gewisse Bildungsleis-tungen erbringen.
• Die Berufsbildner:in und die Studierende bilden ein Tandem und erstellen ihre eigenen Arbeitspläne. Sie suchen sich die Patient:innen gezielt aus, die sie begleiten möchten, um den Lernprozess zu fördern.
• Alle Berufsbildner:innen sind sehr gut ausgebildet (mind. SVEB I) und bekommen pro Studierende 20% Stellenprozente pro Woche gutschrieben.
• Die Berufsbildnerinnen sind eine Lohnstufe höher eingestuft und damit sehr zufrieden. Sie haben kaum Fluktuation in diesem Bereich.
• Nach einer sorgfältigen Einführung von rund drei Wochen arbeiten die Studierenden allein. Die Vor-/und Nachbesprechungszeit ist gewährleistet.
• Die Studierenden rechnen die erbrachten Leistungen ab (mit einem Auszubildenden-code). Deshalb können die Bildungsverantwortlichen jederzeit einsehen, wie viel die Studierenden produktiv arbeiten.

Lösungsvorschläge
Die anspruchsvolle Funktion der Praxisausbildenden muss gefördert und entsprechend ihrer Verantwortung entschädigt werden. Das Management in den Betrieben ist zu motivieren, entsprechende Lohneinstufungen vorzunehmen und/oder eine Zusatzentschädigung für Praxisausbildende zu bezahlen (auch in Form von Zeitgutschriften). Die Weiterbildung zur Praxisausbildner:in ist zu fördern.

Die Praxisausbildenden sollen sich kantonal/regional vernetzen, um ihre Situationen zu vergleichen und so Optimierungen zu entwickeln.

Wer hat Einfluss?
• Dies liegt in der Verantwortung der Betriebe.
• Die GDK kann die einzelnen kantonalen Gesundheitsdirektionen oder -departemente sensibilisieren. Eventuell besteht die Möglichkeit, dies in kantonale Vorgaben aufzu-nehmen.

3.4 Lohn Studierende

Kontext und Beispiele
Studierende leisten in ihren Praktika einen Beitrag, dass das Gesundheitssystem nicht kollabiert. Sie werden durch die Betriebe direkt entlöhnt. Eine Mehrheit der Betriebe hält sich an die Lohnempfehlungen der OdA G ZH z. B. Für kleine privatwirtschaftliche Betriebe wie Privatpraxen, die keine Ausbildungsentschädigung erhalten, ist die Vergütung eines Lohnes teilweise schwierig. Schweizweit besteht eine Lohnungleichheit.

Lösungsvorschlag
In Kliniken soll der Status quo beibehalten werden: Die Vertragsinstitutionen entschädigen die Studierenden für ihren Praxiseinsatz direkt.
Im ambulanten Sektor besteht Handlungsbedarf: Praxispartnern und Versorgungsbereichen, die keine Ausbildungsentschädigung erhalten, muss der Lohn der Studierenden via Subventionen seitens der Kantone vergütet werden.

Wer hat Einfluss?
• Dies liegt in der Verantwortung der Betriebe.
• Aus unserer Sicht sollte die GDK die Ausbildungsentschädigungen im ambulanten Be-reich vorantreiben.
• Die GDK kann die kantonalen GD sensibilisieren, allenfalls gibt es eine Möglichkeit, Lohnempfehlungen zu harmonisieren.

3.5 Leistungsvergütung

Kontext und Beispiele
Im ambulanten Bereich sind Studierende keine abrechnungsberechtigten Leistungserbringer. Da im Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) das Delegationsmodell nicht explizit verboten ist, rechnen die Privatpraxen die Studierendenleistungen als Praxisinhaber:innen ab. Damit dies möglich ist, braucht es eine engmaschige Begleitung, Supervision und Kontrolle, was mit erheblichem Aufwand verbunden ist.

Eine parlamentarische Initiative mit dem Ziel, die Abrechenbarkeit von Studierendenleistungen sowie der Ausbildungsentschädigung einheitlich einzuführen, scheiterte im Jahr 2016. Der Nationalrat nahm die Vorlage knapp an, gescheitert ist die Initiative im Ständerat, da Ausbildungs-leistungen nicht über eine Solidaritätsversicherung abgerechnet werden sollen.

Lösungsvorschlag
Mittelfristig muss dieses Thema erneut diskutiert werden. Eine erneute parlamentarische Initiative ist mittelfristig anzustreben und muss schweizweit mit der GDK, den Berufsverbänden sowie den Fachhochschulen aufgegleist werden.

4. Regelung der Praktika

Kontext und Beispiele
Die Fachhochschulen müssen sicherstellen, dass die Studierenden bis zum Abschluss des Studiums die Kompetenzen gemäss GesBG und GesBKV erreichen. Auch internationale Standards gilt es zu berücksichtigen: So müssen die Hebammen die Leitung von 40 Geburten nachweisen (EU-Richtlinie). Diese Kompetenzen können ausschliesslich in einer Gebärabteilung im Spital oder Geburtshaus erworben werden.

Die FHs erstellen die Vorgaben für die Praxiseinsätze (Dauer, Zeitpunkt, Vergabe von ECTS etc.). Die Einsätze und deren Einbettung ins Curriculum wurde und wird an den FHs gemeinsam mit Vertreter:innen der Praktikumsbetriebe vorgenommen und optimiert. In den BSc-Studiengängen werden die Praxiseinsätze über das gesamte Kalenderjahr hinweg durchgeführt (auch in den Sommermonaten). Dies führt zu einer gleichmässigen Auslastung der Betriebe über 52 Wochen.

Derzeit werden Praktika bereits in verschiedenen Settings (stationäre und ambulant) sowie in verschiedenen Fachbereichen angeboten. Zum Teil wurden schon neue Berufsfelder akquiriert und eine weitere Ausweitung ist denkbar. Hier muss ermöglicht werden, dass auch Teilzeitangestellte Praktikant:innen anleiten können. Es gilt immer sicher zu stellen, dass die die Studierenden Kompetenzen gemäss GesBG und GesBKV erwerben können und die Patient:innensicherheit gewährleistet bleibt.

Lösungsvorschläge
Praktika müssen in neuen Arbeitsfeldern/ Settings und Fachbereichen möglich sein, z.B. in der schulbasierten Ergotherapie oder in der Arbeitsintegration (Neurologie/Psychiatrie/Orthopädie). Der Aufbau von neuen Arbeitsfeldern muss sorgfältig mit Praxispartnern und politischen Instanzen geprüft und abgestimmt werden.

Privatpraxen und Geburtshäuser sind in die Ausbildung von Nachwuchskräften einzubinden. Sie erhalten dafür analog den Spitälern Ausbildungsentschädigungen. Für Privatpraxen müssen neue Praktikumsmodelle entwickelt werden, z.B. absolviert ein Praktikant ein Praktikum an zwei Praktikumsorten im gleichen Fachbereich. So können sich zwei Institutionen und Praxisanleiter:innen die Verantwortung teilen.

Die Fachhochschulen verstärken gesamtschweizerisch die Koordination untereinander mit den anderen FH bei den Praktikumsplätzen. Da gibt es bereits einige Aktivitäten, könnten aber sicher ausgebaut werden.

5. Simulationen

Kontext
In vielen Studiengängen sind bereits verschiedene praxis- und realitätsnahe Settings umgesetzt. Simulationstrainings / Skill-labors können dabei sowohl in simulierten wie auch realen Umgebungen und unter Einbindung von Simulationspersonen oder Klient:innen stattfinden. Zu beachten ist, dass diese Unterrichtsformen personal- und kostenintensiv sind.

Beispiele
Der Einsatz der Studierenden in einem ambulanten Zentrum, z. B. Thetriz (Therapie- Trainings- und Beratungszentrum) am Departement Gesundheit der ZHAW, kann dabei noch ausgebaut werden, ist jedoch wegen limitierter räumlicher und personeller Gegebenheiten nur für wenige Studierende als Lösung zu betrachten.

En Suisse romande, on souhaite également déployer un projet similaire. Il existe, au Québec des exemples de learning clinic (UQAR) qui sont des lieux de formation et délivrent des prestations de soins à la population tout en étant en phase d’intégration dans le système de santé. Cela pourrait être des voies inspirantes pour d’autres cantons en Suisse.

Lösungsvorschläge
Alle FHs denken über Formen von Simulationen nach. Allerdings möchten wir festhalten, dass die Praxismodule die einzige Möglichkeit sind, sämtliche Abschlusskompetenzen zu vermitteln. Eine Substitution von Praktika durch Simulationen stellt für weite Teile keine Lösungsmöglichkeit dar und würde darüber hinaus die Anerkennung gemäss den europäischen Vorgaben in der Pflege gefährden (2300 Stunden direkter Kontakt mit Patient:innen).

Das Simulationstraining/ Skill-labor dient als Vorbereitung auf die Praxis und unterstützt den Theorie-Praxis-Transfer. Mit der Durchführung von Simulationen können keine Praxismodule ersetzt werden. So kann im Studiengang der Hebammen eine Geburt beispielsweise nicht ausschliesslich in der Theorie gelehrt und gelernt oder simuliert werden. Die Kompetenzen für die Übernahme von Verantwortung für Patient:innen kann ausschliesslich in der Berufswelt/ den Praktika erworben werden.

6. Anzahl und Weiterbildung der Ausbildner:innen

Kontext
Pensionierungswellen führen zu Wissensverlust und Personalfluktuationen. Daher ist es relevant, ausreichend Praxisausbildner:innen zu rekrutieren. Als Vorgabe zur Qualitätssicherung ist es vorgeschrieben, dass sämtliche Praxisausbildende zusätzlich zur fachlichen Qualifikation über eine spezifische Zusatzausbildung verfügen. Derzeit sind die Anforderungen an die Praxisausbildner:innen unterschiedlich in den Studiengängen geregelt. Im Idealfall verfügen sie jedoch über eine pädagogische Zusatzausbildung im Umfang von 300h, SVEB I-Abschluss.

Lösungsvorschlag
Damit genügend Fachpersonen für die Lernbegleitung in der freien Praxis rekrutiert werden können, können die Fachhochschulen Module für die Praxisausbildung vergünstigt oder für die Teilnehmenden kostenfrei anbieten. Eine Subventionierung durch die Kantone ist anzudenken, da dies in ihrem Interesse/ ihrer Verantwortung liegt.

7. Branche und Berufsverbände

Lösungsvorschläge
H+ als Arbeitgeberorganisation muss stark eingebunden und in die Pflicht genommen werden. Die Spitäler sind auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung und ausreichend Fachpersonal angewiesen. H+ hat eine grosse Verantwortung in diesem Bereich. Ebenso sind sämtliche Berufsverbände und -gesellschaften sowie weiteren Organisationen der Arbeitswelt (z.B. odasante.ch; Pflegedirektorenkonferenz) an einen Tisch zu bringen.